Einige unbequeme Wahrheiten zum Thema „Flüchtlinge“
Eine folgenreiche Römer-Rede des Stadtverordneten Patrick Schenk

In der Stadtverordnetensitzung vom 26. Februar 2015 hat der Stadtverordnete Patrick Schenk (Freie Wähler - Bürger Für Frankfurt FW/BFF) zu einem Antrag der Koalition von CDU und Grünen zum Thema „Flüchtlinge“ eine Rede gehalten, die Folgen hatte: Die linksextreme Stadtverordnete Jutta Ditfurth bezeichnete Herrn Schenk in ihrem nachfolgenden Redebeitrag als „völkischen Rassisten“. Da weder der gerade amtierende stellvertretende Stadtverordnetenvorsteher von den Grünen noch der CDU-Stadtverordnetenvorsteher Siegler diese provokative Verleumdung rügen wollten, wurde auf Antrag der FW/BFF-Fraktion die Sitzung unterbrochen und der Ältestenausschuss einberufen. Dort kam es zu einer erregten Diskussion, die intern besonders bei der CDU-Fraktion fortgesetzt wurde. Am Ende wurde unter allen Stadtverordneten abgestimmt, wer für eine Rüge und wer dagegen war. Dafür haben gestimmt: CDU, FDP, FW/BFF und Römer-Fraktion; dagegen stimmten Grüne, SPD und Linkspartei. Letzteres war die Mehrheit, die es also tolerierte, dass der Stadtverordnete Schenk als „völkischer Rassist“ öffentlich verleumdet werden konnte. Patrick Schenk hat inzwischen Strafanzeige gegen Ditfurth gestellt, über den Fortgang in dieser Angelegenheit werden wir berichten. Der Zwischenrufer Paulsen gehört übrigens den Grünen an und ist Beamter mit hohen Pensionsansprüchen.
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Herr Stadtverordnetenvorsteher,
meine sehr verehrten Damen und Herren!
Die Debatte hätte eigentlich einen interessanteren Verlauf nehmen können, wenn man sich den eigentlichen Herausforderungen des Flüchtlingsstromes und der damit einhergehenden Themen gestellt hätte. Gleich vorneweg zu der formellen Frage der Votierung: Unsere Fraktion lehnt den Antrag der LINKEN. und der Piraten ab und votiert den Antrag der Koalition mit Prüfung und Berichterstattung, allerdings unter Angabe der diesbezüglich entstehenden Kosten, denn dass das etwas kosten wird, darüber sind wir uns sicherlich alle einig.
Die Debatte hat bisher gezeigt, und die Frau Stadträtin hat es ausgeführt, auf welchem hohen Niveau die Stadt, der Magistrat und die natürlich mit der Unterbringung betrauten Ämter und Einrichtungen bemüht sind, die in unsere Stadt strömenden Menschen zu versorgen und zu betreuen. Wir sind uns auch darüber einig, dass die Stadt hier Unglaubliches leistet und dafür gebührt allen Beteiligten Dank, auch von unserer Fraktion, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall)
Interessanterweise sind - das hat die Dezernentin versucht herauszustellen - aber nicht die Unterschiede bemüht worden zwischen Flüchtlingen auf der einen Seite und Asylbewerbern auf der anderen Seite. Erlauben Sie mir daher unter Berücksichtigung der jüngsten Presseberichterstattung einige wesentliche Ursachen der Probleme in der Asylpolitik kurz darzustellen. Ich fange mit einer Meldung an, die Sie alle verfolgt haben, nämlich die über den Frankfurter Bogen und eine Containeranlage. „Wir haben keine andere Wahl“, mit diesen Worten wird der Vorsitzende des Evangelischen Vereins für Wohnraumhilfe zitiert. Im Schnitt muss Frankfurt - die Dezernentin führte es aus - jede Woche 40 neue Asylbewerber aufnehmen. Schon seit Monaten muss das Sozialamt hierfür auch Hotels anmieten, „Hotel Anna“ als Stichwort sei genannt. Wir wissen, es werden mehr, es werden sehr viel mehr.
Zweitens: Allein im Monat Januar sind in Gießen in der Erstaufnahmeeinrichtung für die Asylbewerber in Hessen rund 3.600 Menschen - auch diese Zahl ist genannt worden - angekommen. Dies stellt eine dramatische Erhöhung dar. Von diesen sind nur - und das ist ein wesentlicher Unterschied - 162 Menschen aus Syrien, liebe Kolleginnen und Kollegen, also aus den wirklich bedrängtesten Staaten. 70 Prozent kamen aus den eigentlich als sicher eingestuften Ländern des ehemaligen Jugoslawien. Im gesamten Jahr 2014 musste Hessen 17.400 Asylbewerber unterbringen. In den ersten sechs Wochen 2015 sind es nun schon mehr als 3.300 Personen, die zur - wir haben es gehört - dauerhaften Unterbringung an die Kommunen einfach weitergeleitet wurden. Essensbeschaffung und Müllentsorgung in Gießen seien immer schwieriger. Hört, hört. Bürger beklagen, dass Linienbusse mit Asylbewerbern überfüllt seien und ihre Kinder deshalb nicht mehr zur Schule gelangen könnten. An manchen Tagen werde die Feuerwehr gleich durch mehrere Fehlalarme in die Flüchtlingsunterkünfte gedrängt, und auch die Polizei in Gießen sei deutlich überbelastet. Diese Zustände, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, werden mehr. Sie werden mehr, indem die Menschen, die zu uns kommen, mehr werden.
Der wesentliche dritte Punkt: Immer mehr Kosovaren und Albaner kommen als Asylbewerber nach Deutschland. Wir haben es gehört. Es ist fast schon eine Völkerwanderung, die eingesetzt hat. Am Frankfurter Hauptbahnhof wurden von Januar bis Mitte Februar dieses Jahres 270 Menschen erfasst, davon 100 aus dem Kosovo und 50 aus Albanien.
(Zurufe)
Herr Paulsen, Sie haben die Zahlen davor gehört. Das sind jetzt nur die aus dem Balkan, und Sie wissen ganz genau, dass das die Anfangszahlen sind und viel mehr von ihnen kommen und - ich komme zum eigentlichen Punkt - dass das Schleusergeschäft im Balkan nicht nur blüht, denn man weiß genau, …
(Zurufe)
… dass circa 99 Prozent dieser Menschen keinen Asylgrund haben, Frau Kollegin Ditfurth, und die Abschiebung als sicher gilt. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen. Dagegen können Sie sich auch nicht sträuben. Das Problem bei der Sache ist, und das wissen Sie auch, dass die Asylverfahren sehr lange dauern und dass es natürlich auch eine entsprechende Lobby gibt - Sie kennen die ganz hervorragend -, die ein Interesse an diesen Asylverfahren hat und damit aber auch mit dem Schicksal dieser Menschen gaukelt und spielt, und das ist unverantwortlich, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall)
Wir haben über 600.000 nicht abgeschobene Personen in Deutschland, über 600.000.
(Zurufe)
Herr Paulsen, das sind diejenigen, die daran unter anderem - Sie wissen, dass Asylverfahren auch bezuschusst werden - ein gewisses Geld verdienen. Natürlich ist das so. Selbstverständlich kostet ein Asylverfahren einen gewissen Preis, und Sie wissen ganz genau, dass der bezuschusst wird, Herr Paulsen, und dass das von dem Steuerzahler bezahlt werden muss. Das ist Fakt. Dagegen können Sie gar nichts sagen.
Der letzte Punkt - ein sehr interessanter: Deutschland nimmt in ganz Europa mit Abstand die meisten Asylbewerber auf, nämlich über 200.000 allein im Jahr 2014. Italien, unser Nachbar, man höre und staune, lässt viele illegale Einwanderer einfach nach Deutschland passieren, ohne - das kennen Sie auch sehr gut, Herr Paulsen - das Dublin II-Abkommen einzuhalten. Es ist nämlich so, dass Sie die Asylanträge und die Menschen dort erst einmal aufnehmen müssen, wo sie ankommen. Das macht Italien nicht. Da frage ich an der Stelle, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist das das Europa, das wir wollen? Ist das das partnerschaftliche Europa? Das möchte ich nicht.
(Beifall, Zurufe)
Ich will Ihnen noch ganz kurz, weil es aktuell heute in der Presse war, eine Nachricht mitteilen. Sie kommt nicht von mir, sondern aus Brüssel und war heute in der Frankfurter Neuen Presse abgedruckt. Ich zitiere nur den ersten Satz: „Brüssel. Angesichts des starken Zustroms von Einwanderern vom Balkan rät die EU-Kommission Staaten wie Deutschland zu gezielten Gegenmaßnahmen“, liebe Kolleginnen und Kollegen. Entschuldigung, heißt das dann nicht handeln? Heißt es dann für die Bundesrepublik Deutschland nicht handeln? Jetzt kommen wir zu den Aufgaben der Stadt. Ich zitiere aus einem weiteren Leitartikel: „In Asylfragen ließ sich unser Staat in den letzten Jahren an den Rand der Handlungsunfähigkeit manövrieren. Es ist Zeit, dass dem ein Riegel vorgeschoben wird.“ Das ist eine Presseauffassung, meine sehr verehrten Damen und Herren. Lesen Sie dazu die Lesermeinungen. Viele, viele Menschen in unserer Stadt stimmen dem zu.
(Zurufe)
Jetzt kommen wir zu einer verantwortungsvollen Politik, wie wir sie uns vorstellen würden. Das möchte ich kurz anfangen, die Zeit nehmen ich mir jetzt noch. Ich habe seinerzeit mit dem Kollegen Viehl, da saß er noch als Stadtverordneter hier, eine heftige Debatte gehabt - Sie werden sich daran erinnern, Herr Kollege Viehl - über Restriktionen bei Hartz IV und beim SGB II. Diese Menschen, die zu einem großen Teil zu uns kommen, ich habe Ihnen die Zahl genannt, ohne eine Chance auf Aufenthalt, weil sie kein Asylrecht haben, nehmen den Menschen, die hier am sozialen Minimum hängen und kämpfen, ihre Grundlage weg.
(Beifall, Zurufe)
Das finden wir unverantwortlich.
(Zurufe)
Das ist so. Diese Politik, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist verantwortungslos. Sie ist in einem großen Maße auch unsozial. Was das Tragische ist, Sie interessiert das nicht einmal. Es ist nämlich so, dass Sie im Bericht B 463 vom vergangenen Jahr noch einmal deutlich machen, dass Sie daran kein Interesse haben. Es heißt dort: „Eine Bewertung von zusätzlichen Einwohnerinnen und Einwohnern aufgrund ökonomischer und finanzwirtschaftlicher Kennzahlen wird vom Magistrat nicht befürwortet.“ Hört, hört. Am Ende heißt Ihre Politik doch Folgendes: Kommt alle her zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, denn ich will euch erquicken.
(Zurufe)
Das ist die Politik der Bundesrepublik Deutschland. Wir - und damit komme ich zum Schluss - würden uns einen Magistrat wünschen, der zu einer verantwortungsvollen Flüchtlingspolitik zurückkehrt. Diese sähe so aus, dass Sie über Magistrat und den Hessischen Städtetag auf die Bundesregierung einwirken und endlich fordern, dass dort die Hausaufgaben gemacht werden, damit die Menschen, die einen Anspruch auf Asyl haben, hier auch eine Aufnahme finden, Beispiel Syrien, und eventuell dann auch ein dauerhaftes Bleiberecht erhalten. Solange Sie das nicht machen, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden wir Bürger für Frankfurt Ihre Politik als das darstellen, was sie augenblicklich ist: sie ist unverantwortlich, sie ist unsozial, sie ist ungerecht gegenüber den hier lebenden Menschen und den wirklich berechtigt zu uns kommenden Verfolgten und Bedrängten.
Vielen Dank!
(Beifall)