Bauen und Wohnen in Frankfurt
Die Position der BFF

Wegen der stark wachsenden Einwohnerzahl in Frankfurt ist der Themenkomplex Bauen, Wohnen und Mieten von großer, wahrscheinlich sogar entscheidender Bedeutung für den Ausgang der Kommunalwahl am 6. März 2016. Auch die Bürger Für Frankfurt (BFF) sind herausgefordert, ebenso grundsätzliche wie konkrete Antworten auf die Frage zu geben, wo und was künftig in Frankfurt gebaut werden soll, ob es dabei Grenzen gibt und, wenn ja, wo diese Grenzen zu ziehen sind.
Grundsätzlich:
So wenig es in Großstädten ein verordnetes Nullwachstum an Einwohnern geben kann, so wenig kann es auch ein grenzenloses Wachstum an Einwohnern geben. Es ist vielmehr Aufgabe der Politik, eine Großstadt auch in ihrer Bewohnerzahl infrastrukturell funktionsfähig, sozial ausgewogen, ökologisch verantwortbar, kurzum lebenswert zu gestalten. Wenn sich die Fläche einer Stadt nicht verändert, mithin weder größer noch kleiner wird, dann gibt es auf dieser gegebenen Fläche in aller Regel noch Entwicklungsmöglichkeiten für zusätzliche Wohnungen, jedoch keine unendlichen Möglichkeiten. Genau das ist in Frankfurt der Fall.
Erste Folgerung:
Frankfurt wächst nicht in der Fläche, sondern es wächst die Zahl seiner Bewohner sowie derjenigen, die im Stadtgebiet Frankfurts wohnen wollen. Daraus ergibt sich die Aufgabe, möglichst ausreichenden Wohnraum für alle zu schaffen, die sich bereits amtlich angemeldet in Frankfurt befinden. Der Wohnraum sollte für den Kreis der Normal- und Geringverdiener bezahlbar sein, also nicht mehr als maximal 40 bis 50 Prozent des Nettoeinkommens betragen. Um das zu sichern, haben der Staat und die Stadt verschiedene Möglichkeiten. Es ergibt sich allerdings nicht die Verpflichtung, auch Wohnraum für alle zu schaffen, die nach Frankfurt kommen wollen.
Für alle, die zusätzlich zu den bereits in Frankfurt Wohnenden hinzukommen wollen, können die Stadt und die Investoren Wohnungsmöglichkeiten entwickeln, die jedoch keine außergewöhnliche Beeinträchtigung der infrastrukturellen Funktionsfähigkeit, sozialen Zusammensetzung, ökologischen Verfassung und der Lebensqualität der Stadt zur Folge haben sollten. Damit scheiden zwei Möglichkeiten der Maximierung der Einwohnerzahl aus: Erstens die horizontale Erweiterung, also die weitest gehende Verdichtung bereits bestehender Wohngebiete ebenso wie die weitest gehende Beanspruchung bislang landwirtschaftlich genutzter oder grüner Flächen wie Parks, Kleingärten oder Forstgebiete. Zweitens die vertikale Erweiterung also der Bau von Wohnhochhäusern.
Warum scheiden diese beiden Möglichkeiten aus?
Die weitest gehende Verdichtung bereits bestehender Wohngebiete verbietet sich schon aus ökologischen Gründen, falls die auffälligen klimatischen Veränderungen besonders in den Sommermonaten ernst genommen werden. Es bedarf sogar vermehrter Grünflächen in den bestehenden bereits sehr verdichteten Wohngebieten wie Nordend, Bockenheim oder Bornheim. In weniger verdichteten Stadtregionen kann demnach das bisherige Verdichtungsniveau nur beschränkt angehoben werden. Dort, wo das geboten und möglich erscheint, muss diese Nachverdichtung im weitgehenden Einverständnis mit den Anwohnern sowie dem zuständigen Ortsbeirat geschehen. Und selbstverständlich sind ökologische Gesichtspunkte stets zu berücksichtigen.
Die Beanspruchung von derzeit landwirtschaftlich genutzten Flächen für neue Baugebiete ist abzulehnen, zumal wenn das in größerem Maßstab (Pfingstberg) geschehen soll. Diese Haltung hat nichts mit Bauernromantik zu tun, auch nur eingeschränkt mit den infrastrukturellen und verkehrlichen Problemen, die mit der Erdschließung dieser Baugebiete im Frankfurter Norden zweifellos verbunden wären. Vielmehr ist diese Nutzung bekanntlich besonders fruchtbarer Böden und ihre Bewirtschaftung durch ansässige Landwirte integraler Bestandteil unserer Vorstellung von der Stadt, in der wir leben und leben wollen. Wir wollen keinen urbanen Moloch, sondern ein auch in der Bodennutzung vielfältiges Frankfurt. Dass nicht noch weiter bestehende Grünflächen oder Forstgebiete in Anspruch für neue Wohngebiete zur Verfügung gestellt werden dürfen, versteht sich deshalb von selbst.
Die zweite Möglichkeit der Unterbringung einer stetig wachsenden Einwohnerzahl auf der beschränkten Frankfurter Fläche böte der Bau von Wohnhochhäusern im großen Stil und ohne Höhenbegrenzung. Auf diese Weise könnten in der Stadt sicherlich eine Million und womöglich noch mehr Bewohner einen Platz finden. Doch wäre das ein ganz anderes Frankfurt als jetzt und eine infrastrukturelle wie soziale Überforderung. Wer könnte daran Interesse haben außer denen, die davon materiell profitieren oder denjenigen, die sich dem Einwohnerwachstum um jeden Preis verschrieben oder unterworfen haben?
Schon der derzeitige Trend zu Hochhäusern für hochpreisige und luxuriöse Wohnungen ist sehr bedenklich. Denn im Fall einer Wirtschaftskrise werden viele Bewohner solcher Türme die hohen Mietkosten nicht mehr bezahlen können - mit den entsprechenden Folgen für den Zustand dieser Wohnhochhäuser. Außerdem ist es sozialpolitisch mehr als fragwürdig, wenn Hochhäuser für Wohlhabende und Reiche hingenommen werden, Hochhäuser für Normal- und Geringverdiener aber mit der Begründung abgelehnt werden, dort könnten soziale Brennpunkte entstehen. Dieses Argument ist zwar aufgrund gemachter Erfahrungen nicht unrichtig, darf aber in diesem Zusammenhang nicht gelten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass keine der beiden Möglichkeiten zur Schaffung von großen Mengen zusätzlichem Wohnraum wünschenswert und verantwortbar ist. Daraus kann nur gefolgert werden: Frankfurt kann an der Zahl seiner Einwohner nicht über ein bestimmtes Maß und schon gar nicht beliebig wachsen. Wie dieses Grenzmaß zu quantifizieren ist, kann nicht genau festgelegt werden, jenseits von 750.000 in Frankfurt angemeldeten und wohnenden Menschen kann das aber nicht weit liegen. Nachverdichtung im Bestand und die vertretbare, also den oben genannten Kriterien genügende Neuerschließung von Bauland haben sicher noch einiges Potential, doch kein endloses.
Deshalb ist es völlig richtig, nicht nur auf die Grenzen des Bevölkerungswachstums in Frankfurt hinzuweisen, sondern auch ungefähr die Zahl der Bewohner zu nennen, die in Frankfurt zu vertretbaren Bedingungen wohnen können. CDU, Grüne und SPD verweigern das bislang nicht nur, sondern versuchen auch, Kritiker dieser unreflektierten Wachstumsbegeisterung zu diffamieren. Diesen wird nämlich unterstellt, sie wollten eine mittelalterliche Mauer mit Graben um die Stadt errichten. Mit solch alberner Polemik lenken die genannten Parteien allerdings nur von den eigenen Unaufrichtigkeiten in der Wohnungsfrage ab.
Sowohl CDU, Grüne wie SPD wollen nämlich nicht angeben, welche Bevölkerungszahl sie als noch bekömmlich für die Fläche, Leistungs- und Integrationskraft Frankfurts betrachten. Damit geben sie sowohl für die schon in der Stadt wohnenden wie auch in die Stadt strömenden Menschen kein beruhigendes Signal. Denn bei den einen wächst mit Recht die Sorge vor weiteren ungebremsten Kostensteigerungen als Folge der großen Nachfrage nach dem knappen Gut Miet- oder Eigentumswohnung, bei den anderen kann das nur als Ermunterung verstanden werden, künftig auch noch in die Stadt zu strömen. Das betrifft selbstverständlich auch die vielen zu erwartenden neuen Asylberechtigten oder geduldeten Asylbewerbern, von all den illegal im Stadtgebiet lebenden Menschen ganz abgesehen.
Dabei ist es den drei Parteien selbstverständlich klar, dass nicht alle, die in Frankfurt wohnen wollen, dort auch wohnen können. CDU und Grüne tun aber so, als könne mit einigen neuen, zum Teil problematischen Baugebieten, Siedlungsergänzungen und Nachverdichtungen der wachsende Bedarf befriedigt werden. Das ist angesichts des schon gegenwärtig vorhandenen Defizits an Wohnungen, insbesondere an „bezahlbaren“ Wohnungen, bestenfalls Augenwischerei. Im Hinblick auf die nahende Kommunalwahl kann aber auch von bewusster Wählertäuschung gesprochen werden. Wer die für unbeschränktes weiteres Einwohnerwachstum offene Stadt propagiert, der muss sagen, dass entweder nur mit massiver horizontaler oder vertikaler Wohnbebauung dieses Wachstum wenigstens einige Jahre zu bewältigen sein wird – und welchen Preis das in vielerlei Hinsicht hätte.
Dazu sind jedoch weder die CDU noch die Grünen bereit, weil sie - durchaus zu Recht – befürchten, dann Wählerverluste zu erleiden. Die SPD hingegen propagiert offen, sie wolle ein bislang landwirtschaftlich genutztes Gebiet im Norden der Stadt zwischen Nieder-Eschbach und Nieder-Erlenbach („Pfingstberg“) in einen großen neuen Stadtteil verwandeln. Das ist insofern ehrlich, weil die SPD mit dieser Zielrichtung eine mögliche Konsequenz aus dem hohen und weiteranhaltenden Zuzug von Menschen nach Frankfurt zieht. Der Grünen-Veteran Cohn-Bendit hat deshalb Recht, wenn er seine eigene Partei wegen deren Ablehnung des „Pfingstberg“-Projekts kritisiert. Wenn die Grünen für unbegrenzten Zuzug sind, was sie oftmals beteuern, dann ist es nur folgerichtig, ja zwingend, für diesen SPD-Plan zu sein. Die noch vorhandene Ablehnung der Grünen hat ersichtlich nur taktische Gründe, das wird sich bei einem entsprechenden Ergebnis der Kommunalwahl auch sehr bald herausstellen.
Die Frankfurter CDU hingegen laviert nach dem Motto, dass sich das Problem von selbst „lösen wird“. Nämlich dann, wenn der vorhandene und noch hinzukommende Wohnbestand einfach so überfüllt ist, dass sich kein Normal- oder Geringverdiener mehr eine Mietwohnung leisten oder gar Wohneigentum erwerben kann. Mit dieser eher zynischen Haltung fördert die CDU jedoch die Wirksamkeit linker Propaganda, wonach jedem das Recht auf eine „bezahlbare“ Wohnung in Frankfurt zusteht – egal, ob er bereits in der Stadt wohnt oder in diese erst ziehen will oder muss.
Die Bürger Für Frankfurt (BFF) sagen den Wählerinnen und Wählern:
1. Frankfurt am Main in seiner heutigen Fläche kann maximal ca. 750.000 Menschen als ständige Bewohner haben, die dort unter vertretbaren Bedingungen leben können.
2. Sowohl eine massive horizontale wie auch eine massive vertikale Erweiterung von Neubaugebieten sind abzulehnen.
3. Es gibt begrenzte Potentiale für Wohnungsneubau bei Siedlungsergänzungen, Nachverdichtungen und Hausaubauten, dazu einige zusätzliche Baugebiete im Einklang mit infrastrukturellen, verkehrlichen und ökologischen Erfordernissen.
4. Die Lösung der fehlenden Wohnflächen in Frankfurt kann nur zum geringeren Teil in der Stadt selbst, muss aber zum größeren Teil im Umland gefunden werden. Deshalb hat die ausreichende und attraktive verkehrliche Anbindung von Umlandgemeinden an Frankfurt höchste Priorität.
5. Für bestimmte normal- oder geringverdienende Mietergruppen in Frankfurt wird ein kommunales Wohngeld als Mietzuschuss gewährt. Dieser soll gewährleisten, dass Einwohner mit für die Infrastruktur der Stadt unverzichtbaren Funktionen (Polizei, Pflegepersonal, Reinigungskräfte usw.) weiter in Frankfurt wohnen können, ohne zu große Abstriche an ihrem Lebensstandard hinnehmen zu müssen. Das kann auch für bestimmte Personen gelten, deren Qualifikationen in Frankfurt benötigt werden und deshalb auch dort wohnen wollen oder müssen.
Noch vor der Kommunalwahl am 6. März 2016 müssen alle daran teilnehmenden politischen Kräfte ihre Karten zu diesem wichtigen Themenkomplex Bauen-Wohnen-Mieten auf den Tisch legen. Dazu gehört auch die Information der Wähler darüber, welche Kompromisse bei diesem Themenkomplex im Falle von Koalitionsbildungen eingegangen werden könnten - und welche nicht. Alle Bürger und nicht zuletzt die verschiedenen Bürgerinitiativen sind gut beraten, die verschiedenen Wahlbewerber vor dem 6. März 2016 zu verbindlichen, dokumentierten Aussagen zu nötigen. Das kann Enttäuschungen nach Wahl zwar nicht mit Sicherheit verhindern, macht aber die Hürden für den Bruch von Versprechungen höher.
BFF wird an den oben angeführten fünf Punkten jedenfalls keine Abstriche machen.
Wolfgang Hübner
Stadtverordneter und Mitglied im Ausschuss Planen und Bauen