Stadt und Rennbahn: Jetzt auch moralisch fragwürdig
Dokumentenfund verlangt Aufarbeitung durch Kommission

Pressemitteilung der Bürger Für Frankfurt BFF im Römer – 6/20. Januar 2016
Der Frankfurter Renn-Klub hat am Dienstag historische Dokumente präsentiert, die den dringenden Verdacht nahelegen, dass das Areal der Pferderennbahn während der Nazi-Diktatur 1937 der Stadt im Zuge einer faktischen Arisierung zwangsweise übereignet wurde. Denn der Präsident des damaligen Rennklubs war der jüdische Industrielle Arthur von Weinberg, der später von den Machthabern verhaftet wurde und 1942 im Lager Theresienstadt umgekommen ist. Die nun in einem Archiv aufgefundenen Unterlagen geben ferner Hinweise darauf, dass die erzwungene Übereignung mit der Versicherung der Stadt Frankfurt verbunden war, auch künftig die „Erhaltung von Pferderennen in Frankfurt“ zu unterstützen.
Der heutige schwarz-grüne Magistrat hat die Existenz solcher Dokumente stets bestritten, um jeglichen rechtlichen wie moralischen Anspruch des Renn-Klubs auf die Nutzung des im Grüngürtel liegenden Geländes der Galopprennbahn abzuwehren. Diese Leugnung ist von großer politischer und auch finanzieller Brisanz wegen des Verkaufs an den Deutschen Fußball-Bund (DFB), der dort eine Akademie und seine Zentrale ansiedeln will. Ein Sprecher des Planungsdezernats hat nach der Präsentation der alten Dokumente mit der Behauptung reagiert, die neue Entwicklung ändere nichts an der Sachlage und die Stadt sei schon 1937 Eigentümerin des Grundstücks gewesen. Eindeutig Beweise dafür sind jedoch bislang der Öffentlichkeit nicht vorgelegt worden.
Genau das muss jetzt geklärt werden. Denn in diesem hochbrisanten Fall dürfen keine anderen Maßstäbe gelten und angelegt werden wie zum Beispiel bei Kunstwerken aus jüdischem Besitz, die von den Nazis geraubt oder unter massivem Druck von den Eigentümern weit unter Wert erworben wurden. Die Stadt Frankfurt bescheinigt sich bei diesem Thema gerne eine besonders vorbildliche Haltung der Aufarbeitung und Wiedergutmachung früheren Unrechts in der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Deshalb ist es nicht nur rechtlich, sondern auch moralisch unbedingt geboten, die Umstände der Übereignung von 1937 umfassend zu klären.
Die BFF-Fraktion wird deshalb einen Antrag auf Einberufung einer unabhängigen Kommission zur Sichtung, Untersuchung und Wertung der vorhandenen Dokumente zu den Vorgängen von 1937 stellen. Bis zur Vorlage eines Schlussberichtes dieser Kommission dürfen keine weiteren Schritte auf dem Gelände erfolgen, die nicht revidierbare Tatsachen schaffen. Da ohnehin der DFB im Jahr 2016 die Einlösung seines umstrittenen Vertrages mit der Stadt nicht in Anspruch nehmen will, ist Zeit genug vorhanden, um die Kommission arbeiten und zu einem Ergebnis kommen zu lassen.
Es kann keinen Zweifel geben: Der Magistrat ist nach dem Fund der Dokumente in der politischen und moralischen Pflicht, die Aufklärung über die historischen Vorgänge nicht zu blockieren oder zu hintertreiben, sondern im Gegenteil nach Kräften zu fördern.