Bahnhofsviertel: Trauerspiel und Dauerskandal
Nicht nur die Grünen blockieren eine Lösung

Hübners Frankfurter Woche – Folge 55
Erst vor einigen Monaten wurde an dieser Stelle der Unwille und die Unfähigkeit der verantwortlichen politischen Kräfte im Römer kritisiert, die unhaltbaren Zustände des Drogenelends im Frankfurter Bahnhofsviertel endlich in Angriff zu nehmen und zu beseitigen. Getan hat sich bisher überhaupt nichts, im Gegenteil: Es geht im Bereich der Visitenkarte für jeden Bahnreisenden schlimmer denn je zu. So schlimm, daß sich nun die Gastronomen in ihrer Verzweiflung über den Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) an das hessische Wirtschaftsministerium gewandt haben, „weil sich bei der Stadt nichts tut. Die schauen weg“, wie Dehoga-Hauptgeschäftsführer Julius Wagner kritisiert.
Ob das Wirtschaftsministerium in Wiesbaden allerdings ein Erfolg versprechende Adresse für die Gastronomen ist, darf bezweifelt werden. Denn geführt wird es von einem grünen Minister. Doch sind es gerade die Frankfurter Politiker der Grünen, die keinerlei Ehrgeiz zeigen, die himmelschreienden Mißstände im Bahnhofsviertel anzupacken. Und leider sind es die Grünen, die in der Viererkoalition im Römer die mit Abstand stärkste Kraft sind. Was die Grünen daran hindert, zumindest erträgliche Zustände im Viertel zu bewirken, ist eine toxische Mischung von Ideologie, Trotz und auch schlichtem Desinteresse.
So lange Szenen wie die rund um die obere Kaiserstraße in den grünen Hochburgen Nordend und Westend noch undenkbar sind, weil sich das Drogenelend woanders konzentriert, hat dieses Problem für die größte Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung keinen Vorrang. Und weil schon seit langer Zeit keine positiven Veränderungen im Bahnhofsviertel ohne massive staatliche Repressionsmaßnahmen mehr möglich sind, will ausgerechnet die Partei, die neuerdings gar nicht genug Waffen in ein fremdes Land liefern kann, „unschöne Bilder“ von Polizeieinsätzen verhindern. In der Öffentlichkeit und den Medien wird der Druck auf die politisch Verantwortlichen allerdings immer stärker, endlich etwas zu tun.
Das ist auch gut so, weil es nicht nur die Frankfurter Grünen sind, die eine Lösung des Problems blockieren. Ihre Koalitionspartner SPD und FDP schrecken davor zurück, mit der stärksten Partei in Konflikt zu geraten. Und die oppositionelle CDU, die nur verbale Pflichtübungen gegen die Mißstände vom Stapel lässt, ist von einem gewaltigen Glaubwürdigkeitsproblem belastet: Sie war viele Jahre zusammen mit den Grünen in einer Koalition, sogar als stärkerer Partner. Viele Jahre, in denen die katastrophalen Zustände im Bahnhofsviertel immer weiter eskalierten.
Wenige Wochen vor der angestrebten Abwahl von Oberbürgermeister Feldmann (SPD) durch die Wähler ist das Ansehen der meisten Parteien im Römer auf dem Tiefpunkt. Es wäre von bitterer politischer Ironie, wenn ausgerechnet das Bahnhofsviertel-Versagen des Magistrats Feldmann einstweilen im Amt retten würde, weil keine ausreichende Mehrheit der missmutigen Frankfurter für seine Abwahl zustande käme. Doch die Schuldigen dafür könnten genau benannt werden: Grüne, SPD, FDP und CDU.