Bühnen-Neubauten: Wer soll das bezahlen?
Schauspiel und Oper sollen 1,3 Milliarden kosten

Hübners Frankfurter Woche – Folge 72
Die Frankfurter Kulturdezernentin Ina Hartwig (SPD) hat am Donnerstag ihre Karten auf den Tisch gelegt: Die marode Doppelanlage der Städtischen Bühnen am Willy-Brandt-Platz soll vollständig abgerissen werden und durch zwei sich fast gegenüberstehende Neubauten für Schauspiel und Oper, die sogenannte „Spiegellösung“, ersetzt werden. Die Kosten dafür werden auf rund 1,3 Milliarden Euro geschätzt – Stand heute. Hartwig nannte das eine „Investition in die Zukunft“, von der die Stadt Frankfurt profitieren werde. Das mag sein. Doch Hartwig hat wohlweislich keine Angaben darüber gemacht, wie die hochverschuldete Stadt diese gigantische Summe zu finanzieren gedenkt.
Es ist zwar unbestritten, daß dringend etwas geschehen muß, denn das jetzige Bühnengebäude ist baulich wie technisch marode und schon längst von einer baupolizeilichen Schließung aufgrund schwerer Mängel bedroht. Grund für diesen bedauerlichen Zustand ist die überparteilich im Römer praktizierte Verschleppung einer Entscheidung über die künftige Bühnengestaltung. Ob Hartwigs Vorschlag daran etwas ändern wird, ist zu bezweifeln. Denn viele Bereiche der Frankfurter Infrastruktur und des öffentlichen Raums sind in einem so schlechten Zustand, daß zu einer positiven Veränderung dieser Situation hohe Summen benötigt werden, die schon jetzt nicht da sind.
Welche Politiker, welche Partei will den Bürgern erklären, weiter mit teilweise katastrophalen Straßenzuständen, vernachlässigtem und zu teurem öffentlichen Nahverkehr, massenhaft fehlenden bezahlbaren Wohnungen und einer deutlich heruntergekommenen Innenstadt zu leben, nur damit die in Frankfurt lediglich von einer schwindenden Minderheit genutzten Bühnen in neuem Glanz erstrahlen? Auf keinen Fall wird eine Finanzierung ohne Beteiligung des Landes Hessen und auch des Umlands möglich sein. Schon jetzt kommt ein großer Teil der Besucher des Schauspiels und erst recht der Oper nicht aus Frankfurt selbst, sondern aus dem Umland.
Das Land Hessen wird mit Sicherheit nicht begeistert sein, noch einen Kostenverursacher zu bekommen. Und Frankfurt selbst würde bei einer Beteiligung aus Wiesbaden seine stolze Alleinbestimmung über die Bühnen verlieren. Zudem hat die jetzt von Hartwig vorgeschlagene „Spiegellösung“ bereits einen Kardinalfehler: Den radikalen Ausschluss des von vielen Bürgern geforderten Wiederaufbaus bzw. die Restaurierung des historischen Schauspielhauses von 1902.
Dieser prachtvolle Bau wurde im Krieg nur teilzerstört und in den sechziger Jahren von dem jetzigen Bühnengebäude in einem Akt modernistischer Barbarei geschliffen und hinter einer neuen Fassade versteckt. Die Kosten für den Wiederaufbau werden nach seriösen Berechnungen deutlich unter denen eines Neubaus liegen. Mit Gewissheit wird dieser wichtige Aspekt in der kommenden Diskussion eine nicht zu ignorierende Rolle spielen.